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Radierungen

von Hannelore Münster

Gesalzene Heringe sind Schuld, dass dieses Werkverzeichnis jetzt im Netz verfügbar ist. Hört sich seltsam an, lässt sich aber beweisen. Es war Ende 2010. Barlach Heuer, seit 1952 in Paris lebender Künstler mit Wurzeln in Elmshorn, stellte im Torhaus aus. Hanne Münster, die ihn ein halbes Jahr vorher erstmals in seinem Pariser Atelier kennengelernt hatte, lud den achtzigjährigen zu Matjes und Bratkartoffeln zu sich nach Hause ein. Der heimwehgeplagte Heuer kam gerne und genoss den leckeren Fisch. Natürlich drehte sich das Gespräch vornehmlich ums Radieren, Linol- und Holzschneiden, um Gerätschaften und Techniken. Heuer ließ sich Radierungen zeigen, zog spontan eine heraus und sagte: Daraus sollten wir gemeinsam was machen. Und angesichts der Fülle der reichlich verstreut abgelegten Arbeiten: Du musst unbedingt ein Werkverzeichnis machen. Ja, und hier ist es. Wozu Matjes doch gut sein können.

Gezeichnet hat Hanne Münster schon als Kind gerne. Ihre Erinnerungen daran sind aber eher negativ. Mehr als einmal bekam sie den Satz von den Narrenhänden zu hören, die Tisch' und Wände beschmieren. Sogar das Poesiealbum ihrer älteren Schwester Lilo blieb davon nicht verschont. Und als sie sich als vierzehnjährige gar erdreistete, eine nackte Frau zu zeichnen, fing sie sich eine kräftige Ohrfeige ein: Das habe ich nie vergessen. Aber auch in der Schule wollte man ihr Talent offenbar nicht erkennen. Ihrem Berg Rosen sah niemand an, dass Dornröschen dahinter verborgen war: Ich wurde ausgelacht, aber ein Mitschüler, der ein simples Schloss gezeichnet und behauptet hatte, Dornröschen schlafe darin, bekam eine Eins. Die Welt ist ja so ungerecht.

Doch Ohrfeige hin oder Schule her: Die Lust, etwas darzustellen, ließ sich nicht unterdrücken. Hanne Münster belegte Kurse an der Volkshochschule. Einmal pro Woche hantierte sie mit Radiernadel, Metallplatten, Lacken, Säurebädern und Druckfarben. Anfangs nicht gerade begeistert (alles seitenverkehrt und immer schwarze Finger), später umso mehr: Da hab' ich dann sogar in den Arbeitspausen im Büro radiert.

Hanne Münster ist Autodidaktin. Die VHS-Kurse haben allenfalls Grundlagen legen können. Ihre technischen Fertigkeiten hat sie sich im Laufe der Jahre selbst erarbeitet. Dabei sind ihre Darstellungen immer anspruchsvoller geworden. Zuerst ganz einfach, wie die Pfahlbauten am Strand von St. Peter-Ording. Dann detailreicher, alle Häuser eines Stadtteils auf einem Bild. Schließlich sind es Hühner, Fische, Blumen, Gräser und Spinnennetze. Dazu mehrfarbig. Gedruckt oder handkoloriert. Und immer wieder Alltägliches und auch mit einem Schuss Ironie. Wie bei den beiden Krähen, denen sie vor der Skyline von Elmshorn die Worte in den Schnabel legt: Keen een het uns leef, dor schiet ick opp. Insgesamt habe sich ihre Art der Darstellung zu mehr Freiheit und Großzügigkeit verändert. Ich radiere nicht mehr jeden Stein, sagt sie.

Ihre erste Ausstellung hatte Hanne Münster im Dezember 1993 im Elmshorner Industriemuseum. Sogar das Ausstellungsplakat war von ihr. Hatte man sie anfangs noch mit sanftem Druck in die Öffentlichkeit schubsen müssen, sah ihre Radierwelt danach anders aus. Die Leute hatten ihre Bilder wohlwollend angenommen. Sie kauften sie, sie gaben ihr Aufträge. Manch ein inzwischen abgerissenes Haus blieb auf diese Weise erhalten.

Nicht nur als Allerweltsfoto, sondern daneben auch mit viel Seele in Kupfer geritzt und auf Büttenpapier gedruckt. Von da an wusste Hanne Münster dass man meine Sachen leiden mochte. Das hat mir Mut gemacht. Und seitdem intensiviert sie ihre Arbeit. Ihre ererbte Schwerhörigkeit steht ihr dabei nicht im Wege. Im Gegenteil. Schlechtes Hören kann der Konzentration zugute kommen, sagt sie. Mehr noch: Wenn sie, wie so oft, ihre in der Bretagne lebenden vier sehr lebhaften Enkel besucht, kann sie sich den unvermeidlichen Kinderlärm buchstäblich vom Leibe halten.

Weitere Ausstellungen folgten in Trappenkamp und im Töverhuus sowie aus Anlass von Firmeneröffnungen. Ihre Radierungen hängen in vielen Wohnungen, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Australien, den USA und anderswo auf der Welt.

Experimenten gegenüber ist Hanne Münster nicht abgeneigt. So wie die Zusammenarbeit mit Barlach Heuer. Da hat sie auf seine Anregung hin erstmals mit Linol- und Holz gearbeitet. Eine Pullwichel (Kopfweide) hat sie mit nach Paris genommen. Heuer und sie haben sie am 24. August 2011 auf Blätter gedruckt, denen Heuer vorher in seiner ganz eigenen Art farbige Hintergründe gegeben hatte. Eine dieser Pullwicheln hat es inzwischen in eine Galerie in der Rue du Montparnasse geschafft. Ein Stück Heimat in Paris. Nicht nur für Barlach Heuer.

Ernst-G. Scholz

Letzte Aktualisierung: Mi 30 Jul 2014 11:08:19 UTC